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3D-Biodruck: Menschliche Organe aus dem 3D-Drucker?

Am 7. November 2019 von Lukas Johannes B. veröffentlicht
Biodruck

Der 3D-Biodruck hat sich schnell zu einem der führenden Segmente der 3D-Druckindustrie in Bezug auf Innovation entwickelt. Bis vor kurzem konzentrierte sich der Markt vor allem auf Nordamerika, aber auch viele Unternehmen, Labore und Universitäten auf der ganzen Welt erforschen dieses Gebiet. Dank 3D-Drucktechniken können Zellen und Biomaterialien kombiniert und Schicht für Schicht abgeschieden werden, um biomedizinische Teile herzustellen, die die gleichen Eigenschaften wie natürliches Gewebe vorweisen. Dabei können verschiedene Bioinks (Tinten) zum Aufbau dieser gewebeähnlichen Strukturen verwendet werden, die in der Medizin und Gewebeforschung Anwendung finden. Natürlich wissen viele, dass das größte Bestreben dieses Bereichs darin besteht, ein voll funktionsfähiges menschliches Organ erfolgreich zu drucken.

Obwohl diese Technologie als die Zukunft der Medizin gilt, gibt es immer noch viele Unbekannte, die mit diesem Druckverfahren verbunden sind. Im Folgenden werden wir dieses Thema und einige der immer wiederkehrenden Fragen, die Menschen zum Thema Bioprinting haben, untersuchen. Darüber hinaus werden wir auch die verschiedenen Druckverfahren dieser Technologie untersuchen.

Quelle: FluidForm

Es ist bekannt, dass die Nachfrage nach Transplantaten jedes Jahr weiter steigt. Allein in den Vereinigten Staaten sind es 113.000 Menschen, die 2019 auf der Warteliste für Transplantationen standen. Da die Zahl der Menschen auf der Warteliste jedes Jahr nach wie vor viel größer ist als die Zahl der Spender und Transplantationen, scheint die Lösung auf den 3D-Biodruck hinauszulaufen. Tatsächlich gab es einen wichtigen Durchbruch im medizinischen Bereich bereits im April. Ein Forscherteam der Universität Tel-Aviv (TAU) hat erfolgreich ein Herz mit menschlichen Zellen gedruckt. Dieses Herz entsprach vollständig den immunologischen, zellulären und anatomischen Eigenschaften eines menschlichen Patienten. Auch wenn es die Größe eines Kaninchenherzens hatte, war seine Komplexität eine absolute Premiere: „Es ist den Menschen in der Vergangenheit gelungen, die Struktur eines Herzens in 3D zu drucken, aber nicht mit Zellen oder Blutgefäßen. Unsere Ergebnisse zeigen das Potenzial unseres Ansatzes für die zukünftige Entwicklung eines personalisierten Gewebe- und Organersatzes“, erklärte Prof. Tal Dvir, der die Forschung zu dieser Studie leitete.

Wie Sie verstanden haben, können 3D-Biodrucker komplexe Zellstrukturen durch einen Schichtprozess erzeugen. Die Technologie wurde von Wissenschaftlern in der Hoffnung entwickelt, voll funktionsfähige Organe zu schaffen.

Die Anfänge des 3D-Biodrucks?

Der 3D-Biodruck stammt aus dem Jahr 1988, als Dr. Robert J. Klebe von der University of Texas seinen Zytoscribing-Prozess vorstellte. Ein Verfahren zum Mikropositionieren von Zellen, um zwei- und dreidimensionale synthetische Gewebe unter Verwendung eines gemeinsamen Tintenstrahldruckers herzustellen. Im Jahr 2002 schuf Professor Anthony Atala von der Wake Forest University das erste Organ mit Bioprinting: eine kleine Niere. Um weitere Innovationen im Bereich des Biodrucks zu fördern, entstand Organovo – das erste kommerzielle Labor – 2010 in San Diego, Kalifornien. Das Labor begann schnell mit den Entwicklern von Invetech zusammenzuarbeiten, um einen der ersten Biodrucker auf dem Markt zu entwickeln, den NovoGen MMX. Organovo hat sich als einer der führenden Anbieter in der Branche positioniert, sie arbeiten weiterhin an der Entwicklung von Durchbrüchen im Bereich des Knochengewebes, z.B. bei der Herstellung des Lebertransplantationsgewebes. Nach dem Durchbruch des Forscherteams der Universität Tel-Aviv konnte BIOLIFE4D auch ein miniaturisiertes menschliches Herz bioprint und ist damit das erste Unternehmen in den USA, das dies erreicht hat. Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Monaten weitere Unternehmen und Forschungsgruppen dies erreichen können.

Anthony Atala mit der ersten 3D gedruckten Niere

Eine der größten Herausforderungen sind die hohen Entwicklungskosten und das Fehlen von Wissen. Es entstehen jedoch neue Techniken, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, und sie werden in 5 verschiedene Kategorien unterteilt, die wir im Folgenden untersuchen werden.

Inkjet Biodruck

Diese Technologie basiert auf dem gewöhnlichen Inkjet-Prozess, wobei FDM-Drucker (Fused Deposition Modeling, zu Deutsch Schmelzschichtung) so modifiziert werden, dass der Prozess mit biologischen Materialien realisierbar ist. Es werden mikroskopisch kleine Tropfen aus „Bio-Ink“ (Biotinte bzw. das Material für den Druck) Schicht für Schicht in ein Hydrogel-Substrat oder auf eine Gewebekulturschale platziert. Die Technologie wird in zwei Methoden klassifiziert: Man unterscheidet thermische und piezoelektrischen Methode.

Beim thermischen Verfahren werden durch ein Hitzesystem kleine Luftblasen erzeugt, die dann kollabieren und genug Druck liefern, um kleine Bio-Tropfen auszustoßen. Im Gegensatz dazu nutzt das piezoelektrische Verfahren keine Hitze für den Druck, sondern eine elektrische Ladung und polykristallines piezoelektrisches Keramik in jeder Düse. Die letztere Methode ermöglicht zwar ein Dosieren von weitestgehend gleich großen Tropfen (thermisches Verfahren schwankt zwischen 10 und 150 Pikolitern), allerdings wird bei langfristiger Verwendung die Zellmembran geschädigt.

Wissenschaftler haben große Fortschritte im Inkjet-Biodruck von Zell- und Organstrukturen gemacht, aber auch DNA-Moleküle wurde erfolgreich reproduziert, wovon die Krebsforschung und –behandlung profitiert. Zellen für die Heilung von Brustkrebs wurden bereits gedruckt, wobei man deren Vitalfunktionen erhalten konnte, das eröffnet gute Perspektiven für den Druck von lebedigem Gewebe und Organe.

Organovo nutzt den Biodruck für die Herstellung von funktionellen menschliche Strukturen. Sie haben sich auf Reproduktion von Lebergewebe spezialisiert, weil die Warteliste für eine Spendeleber in den Staaten sehr lange ist. Das Vorgehen von Organovo ist folgendes: Teile des geschädigten Organs werden gedruckt und eingepflanzt, was die Lebensdauer verlängert, so lange bis ein geeigneter Spender gefunden ist. Das kann teilweise bis zu mehreren Jahren dauern.

Extrusions-Biodruck

Diese Technologie basiert auf der Extrusion von 3D-Mustern und Zellstrukturen. Biomaterialien werden als Lösungen mit Hilfe von mechanischem Druck aus einer mikroskopisch kleinen Nadel „gespritzt“. Das komplette Zellgerüst entsteht so ebenfalls Schicht für Schicht. Vorteile dieser Technologie sind die Verarbeitung bei Umgebungstemperatur, direkte Zellintegration und die gleichmäßige Zellverteilung. Einige der populärsten 3D-Biodrucker nutzen diese Technologie, wie zum Beispiel der Bioplotter von EnvisionTec.

Biodruck

Laserunterstützter Biodruck

Bei dieser Methode wird ein Laser als Energiequelle genutzt, um die Biomaterialien in eine Substanz zu deponieren. Das System besteht aus drei Teilen:  Einer Laserquelle, ein Band beschichtet mit Biomaterial und dem Empfängersubstrat. Der Laser bestrahlt das Band und evaporiert das Material, welches dann die Rezeptorsubstanz in Form von kleinen Tröpfchen erreicht. In diesem befinden sich Biopolymere, die Zellen aneinanderhaften lassen und das Wachstum unterstützen. Verglichen mit anderen Verfahren besitzt der laserunterstützte Biodruck einzigartige Vorteile: Der gesamte Prozess kann kontaktfrei und ohne Düse ablaufen, die Zellen zeigen eine hohe Aktivität und werden genauestens platziert.

Poietis entwickelt Haarfollikel mit der Hilfe von Biodruck

Der französische Marktführer im Biodruck, Poietis, hat zusammen mit L’Oréal ein Programm zur Reproduktion von Haaren ins Leben gerufen. Das Unternehmen nutzt den laserbasierten Biodruck, um Zellen punktgenau in eine bestimmte Geometrie zu setzen. Durch die Partnerschaft mit der Kosmetikfirma profitiert Poietis vom langjährigen Know-How in der Haarbranche. Momentan wird versucht, Haarfollikel zu produzieren, um eine effektive Lösung für das Haarwachstum bei Haarausfall zu liefern.

Stereolithografie

Das SLA-Verfahren hat die höchste Fertigungsgenauigkeit und basiert auf der Verfestigung eines Photopolymers durch die Bestrahlung mit Licht. Das ist ebenfalls auf den Biodruck anwendbar, sofern man lichtsensitive Hydrogele verwendet. Nichtsdestotrotz gibt es bei dieser Technologie, die sich noch in der Entwicklungsphase befindet, einige Hürden zu überwinden. Der Mangel an biologisch kompatiblen und abbaubaren Materialien sind nur ein Beispiel.

Biodruck

Biodruck durch akustische Wellen

Diese Methode ist aus einer Zusammenarbeit der Carnegie Mellon University, der Pennsylvania State University und dem MIT entstanden und funktioniert mit akustischen Pinzetten, einer Mikrofluidikvorrichtung für die Manipulation von individuelle Zellen sowie akustischen Wellen. Die Vorrichtung erlaubt es den Wissenschaftlern, das Aufeinandertreffen der Wellen entlang dreier Achsen genau zu bestimmen. An diesem Treffpunkt wurde ein Knoten geformt, der die individuellen Zellen fixiert. Die Zellen bzw. die Zellkonstruktionen werden dann zusammengetragen und bilden eine 2D bzw. 3D Struktur.

Der Markt bringt immer mehr und mehr Entwicklungen, neue Anwendungen und Technologien hervor, wie zum Beispiel den Druck eines Eierstocks oder die Herstellung von menschlicher Haut die eingepflanzt werden kann. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille, auf der anderen gibt es Aspekte, die nicht unbedingt positiv sind.

Die Swift-Technik

Forscher vom Harvard Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering entwickelten eine neue Biodruck-Technik namens SWIFT (Sacrificial Writing Into Functional Tissue), der Name lässt schon vermuten, dass diese Technik den Biodruck von Blutgefäßen mit lebenden Geweben ermöglicht. Mit anderen Worten, sie drucken Gefäßkanäle in lebende Matrizen, die aus von Stammzellen abgeleiteten Organbausteinen (OBBs) bestehen.

Anstatt zu versuchen, den Wert von Zellen eines ganzen Organs in 3D zu drucken, konzentriert sich SWIFT darauf, nur die Gefäße zu drucken, die notwendig sind, um ein lebendes Gewebekonstrukt zu unterstützen, das große Mengen an OBBs enthält, die letztendlich therapeutisch verwendet werden können, um menschliche Organe zu reparieren und durch im Labor gezüchtete Versionen mit patienteneigenen Zellen zu ersetzen. In einem Experiment blieben organspezifische Gewebe, die mit eingebetteten Gefäßkanälen unter Verwendung von SWIFT gedruckt wurden, am Leben, während Gewebe, die ohne diese Kanäle gewachsen waren, innerhalb von 12 Stunden einen Zelltod erlitten.

Organspezifische Gewebe, die mit Hilfe von SWIFT mit eingebetteten Gefäßkanälen gedruckt wurden, blieben lebensfähig (rechts), während Gewebe, die ohne diese Kanäle gezüchtet wurden, innerhalb von 12 Stunden einen Zelltod erlitten (links)

Die Zukunft des Biodrucks

Biomedizinische Techniken zielen darauf ab, eine personalisierte Medizin zu entwickeln, bei der Ärzte in der Lage sein werden, die Behandlungen auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten anzupassen. Eines der Hauptanliegen der Branche sind die mit dieser Personalisierung verbundenen Kosten und wer darauf zugreifen kann.

Eine weitere ethische Schwierigkeit besteht darin, dass es heute nicht möglich ist, die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlungen zu testen. Nach der Analyse der verschiedenen verwendeten Techniken wissen wir, dass es möglich ist, funktionelle Organe zu entwickeln, die menschliche Organe ersetzen können, aber es ist noch nicht möglich zu beurteilen, ob der Körper des Patienten das neue Gewebe oder das künstliche Organ akzeptiert. Darüber hinaus ist es notwendig, die gesetzlichen Regelungen zu berücksichtigen, die getroffen werden müssen, bevor diese Fortschritte einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden.

Ganz zu schweigen davon, dass neue Technologien immer missbraucht werden können, auch Bioprinting ist da keine Ausnahme. Wenn Technologien in der Lage sind, Organe oder Gewebe zu schaffen, die auf die spezifischen Bedürfnisse eines Menschen zugeschnitten sind, sollten Überlegungen über die möglichen negativen Folgen dieser maßgeschneiderten Medizin angestellt werden. Insbesondere im Hinblick auf das Potenzial zur Schaffung neuer übermenschlicher Fähigkeiten, wie z.B. elastischer Knochen oder Lungen, die unterschiedlich mit Sauerstoff versorgt werden. Eine attraktive Zukunft für einige Menschen auf der ganzen Welt, eine noch attraktivere Zukunft für bestimmte Sektoren, wie beispielsweise das Militär.

Quelle: CELLINK

Nachdem wir oben über die Bioprinting-Techniken gesprochen haben, die wir auf dem Markt beobachten können, scheint es, dass, obwohl die Technologie noch einen langen Weg vor sich hat, das Drucken von Körperteilen der nächste Schritt in der Organtransplantation sein wird. Im Hinblick auf die Körperteile, die wir biogedruckt gesehen haben, können wir bereits Knochen, Hornhäute, Knorpel, Herzen und Haut herstellen. Diese Forschungsprojekte fanden an verschiedenen Universitäten auf der ganzen Welt, in den USA, Europa und Asien statt.

Die beiden Macher der 3D gedruckten Hornhaut – Quelle: Universität Newcastle

Grand View Research, ein wichtiges Marktforschungsunternehmen mit Sitz in San Francisco, teilte mit, dass es erwartet, dass der globale Markt für Biodruck bis 2026 4,1 Milliarden Dollar erreichen wird, was einer Wachstumsrate von 19,5% entspricht. Es wird erwartet, dass die Hauptakteure in Nordamerika weiter wachsen werden, wobei die Vereinigten Staaten an erster Stelle stark bleiben, gefolgt von Kanada. Viele europäische Länder bringen auch Entwicklungen in den Bereich des Biodrucks ein, wobei Großbritannien derzeit führend ist.

Heute ist es auch das Materialsegment, das voraussichtlich wachsen wird, dank anderer Technologien wie der KI können Wissenschaftler leichter die richtigen Biomaterialkombinationen für die Umwandlung von Gerüsten in Gewebe bestimmen. Von den Biodruckern wird erwartet, dass sie sich auf die Entwicklung von mehr Biomaterialien konzentrieren, sowie auf Biodrucksysteme mit mehr Druckköpfen, die den Einsatz von mehr Bioinks auf demselben Druck unterstützen. Es wird auch erwartet, dass die Bioprinting-Software aktualisiert wird, was dem Benutzer mehr Möglichkeiten bietet. Schließlich wird erwartet, dass weitere Unternehmensbereiche mit der Nutzung von Biodruckfunktionen in ihrem Markt beginnen werden.

So entwickelt die Firma Biogelx beispielsweise abstimmbare Kunststoffe für 3D-Zellkultur- und 3D-Biodruck-Anwendungen – Quelle: Biogelx

Während sich das Hauptwachstum, das in diesem Markt zu beobachten sein wird, auf die Entwicklung von Geweben und Organen konzentrieren wird, kann man mit großer Sicherheit sagen, dass wir in vielleicht einem Jahrzehnt mehr über 3D-gedruckte menschliche Organe und Transplantate sprechen werden. Es gibt noch viel Großartiges für Forscher und Wissenschaftler zu entdecken, aber wir sind sicher, dass der 3D-Biodruck eine der größten medizinischen Entwicklungen sein könnte, die wir in unserem Leben erleben werden; eine wahre Revolution für die Zukunft der Medizin.

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Kommentare

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  1. […] ist ein großer Fortschritt, insbesondere für die Chirurgie, da der Biodruck letztendlich zur Herstellung von Organen führen könnte, was Transplantationen erleichtert. Im Moment testen Forscher auf der ganzen Welt […]

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