Experteninterview: Wie finde ich die richtige 3D Software?
Unser Serie „Experteninterview“ behandelt diese Woche die Suche nach der richtigen 3D Software. Nach Druckern, Filamenten und Scannern ist es an der Zeit, Ihnen bei der Auswahl der richtigen 3D Software zu helfen. Die Frage, nach der richtigen 3D Software ist an sich nicht leicht zu beantworten, da es heute eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt: Software für Anfänger, Software für Architekten, Software für Anwendungen im Bereich Design, etc.. Um Ihnen bei der Auswahl zu helfen, hat 3Dnatives drei Experten zu diesem Thema befragt, um etwas Licht ins Dunkeln zu bringen.
Welche unterschiedlichen CAD-Programme stehen Ihnen zur Verfügung? Was sind die wichtigen Kriterien, um die Sie sich kümmern müssen, wenn Sie eine 3D Software erwerben möchten? Welche Software ist für wen am besten geeignet? Hier sind die Antworten unserer Experten!
Bereits im Jahre 2003 startete Frau Alexandra Bongartz mit dem Sinterverfahren und Stereolithographieverfahren bei der Toyota Motorsport GmbH (Formel 1). Im Jahr 2010 wagte sie dann den Schritt in die Selbstständigkeit und startete mit Dienstleistungen im CAD-Design und 3D Druck. Sie gründete gemeinsam mit ihrem ehemaligen Partner die Freeform4U GmbH als Bayerns ersten 3D-Druckservice mit Ladengeschäft und startete im Frühjahr 2014 in München, wo das Unternehmen nach eigenen Aussagen schnell zu der Topadresse wurde, wenn es um die Themen 3D-Druck, 3D Scan und CAD-Datenerstellung geht. 2018 entschied sie sich dazu ihr eigenes Unternehmen, Beta2shape auf den Markt zu bringen.
Arten von 3D Software
Frau Bongartz unterscheidet zunächst zwei verschiedene Arten von 3D Software. Dies ist zum einen die CAD Software, die eine spezielle Software zur Konstruktion von meist parametrischen Modellen darstellt und insbesondere bei Produktdesign, Maschinen- und Werkzeugkonstruktion, in der Architektur und anderen Bereichen zum Einsatz kommt. Hierbei nennt sie als populäre Produkte Fusion 360 von Autodesk, einer cloudbasierten Software, bei der Projekte mit anderen Usern geteilt und bearbeitet werden können, Rhinoceros 5.0, das man mit verschiedenen Plugins auf persönliche Bedürfnisse erweiten kann und eine gute Schnittstellen für Import- und Exportformaten bietet, sowie die kostenlose Software FreeCAD, deren Datenausgabe im STL Datenformat exzellente Ergebnisse liefert und damit gut für den 3D Druck geeignet ist.
Auf der anderen Seite gibt es die Modellierungs- und Subdevision Software, die an Stelle von Linien und Flächen mit fertigen Geometrien arbeitet, die in der Software verformt werden. In diesem Zusammenhang sind als populäre Beispiele Blender und Sculptris zu nennen. Blender beherrscht beide Bearbeitungsdisziplinen und ist für Einsteiger trotz großem Umfangs geeignet. Hier gelingt die Erstellung von 3D-Sulpturen wie Tieren, Menschen und Animationen. In Sculptris kann man sich einen schnellen Einstieg in Modellierung verschaffen, wobei hier wird mit verschiedenen Werkzeugen ein Modell gleichsam mit virtueller Knetmasse bearbeitet wird. Die Ausgabe erfolgt dann als OBJ Datei und kann mit anderen Programmen weiterverarbeitet werden. 3D-Scandaten lassen sich in Sculptris gut weiterbearbeiten, um z. B. feine Details nachzuziehen.
Unser zweiter Experte Markus May ist einer der beiden Geschäftsführer bei 3Faktur. Dort ist er zuständig für Marketing, Vertrieb und Geschäftsentwicklung. Vor der Gründung von 3Faktur war Markus bei einer internationalen Unternehmensberatung, überwiegend in der chemischen Industrie, tätig. 3Faktur ist ein 3D-Druck Dienstleister, der für für Kunden aus allen wesentlichen Industriezweigen Prototypen und Kleinserien mit sechs verschiedenen 3D-Druckverfahren fertigt. Hierbei stellt die 3D-Modellierung für viele Projekte eine notwendige Dienstleistung dar, um beispielsweise Modelle für bestimmte Verfahren druckfähig zu machen, sei es für Reverse Engineering Projekte sowie für die vollständige Konstruktionen, basierend auf Kundenspezifikationen.
Herr Mayer unterscheidet die 3D Software wie folgt: Non-solid Body Modellierung (z.B. Autocad, SketchUp), Solid-body Modellierung (z.B. Rhino, SolidWorks, Fusion 360), Mesh-basierte Modellierung (z.B. Blender), Mesh Sculpting (z.B. ZBrush, Sculptris) sowie verfahrensorientierte Mesh Modellierung (z.B. MeshLab).
Unser dritter Experte ist Herr Johannes Lutz, der Geschäftsführer der Mark3D GmbH, die sich auf den Verkauf von Markforged 3D Druckern (Mark One und Mark Two) spezialisiert hat, sowie Druckmaterialien, Software und Zubehör vertreibt und Beratung in der additiven Konstruktion von festigkeitskritischen Funktionsbauteilen bietet.
Er erzählt uns, dass er Solidworks CAD und die dazugehörigen Custom Tools Funktionen von der Coffee GmbH verwendet. Zusätzlich nutze er die Eiger Software von Markforged zur Verbesserung und Vorbereitung der 3D Druckdaten in Verbindung mit der Carbonendlosfaser.
Kriterien zu Auswahl der richtigen 3D Software
Nachdem es so viele verschiedene Arten von 3D Software zu geben scheint, stellt man sich zwangsläufig die Frage, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgen soll. Herr Lutz legt hierbei insbesondere Wert auf eine einfache Bedienung, eine gute Performance, die Möglichkeit additiv zu Designen, einen guten Support im Hintergrund, sowie auf das Erstellen von STL-Datensätzen mit vielen Einstellmöglichkeiten. Herr May betont hierbei die persönliche Präferenzen (dasselbe Ergebnis kann mit mehreren Programmen erreicht werden), und dass die Anwendung eine wesentliche Rolle spiele. Der letztgenannte Faktor sei am wichtigsten.
Wenn beispielsweise Designobjekte oder Statuen (inkl. 3D-Figuren) erstellt werden sollen, ist die Möglichkeit der Erstellung von Freiflächen bzw. organischen Strukturen ausschlaggebend. Hierzu sollten also eher Mesh-Sculpting Lösungen wie ZBrush oder Sculptris zum Einsatz kommen als bspw. Programme mit einem Fokus auf Konstruktion (z.B. Inventor). Ein zweiter Punkt sei die Effizienz der Arbeit, so könnten zum Beispiel mit Blender viele verfahrensorientierte Funktionen (z.B. Filter/Modifiers) durchgeführt werden, die bei MeshLab angeboten werden. Allerdings sei MeshLab bei diesen Prozessen wesentlich schneller. Der dritte Punkt ist nach Aussage von Herrn May die Benutzeroberfläche. Diese unterscheide sich zwischen den Programmen erheblich und sei nicht immer intuitiv. Hierbei könne durchaus ein persönliches ‚Bauchgefühl‘ den Ausschlag geben. Last but not least komme noch das Budget ins Spiel, wohingegen Programme wie FreeCad, Blender oder Meshmixer kostenfrei seien, während für andere Lösungen fünfstellige Beträge fällig seien.
Für 3D-Druck im Speziellen gelte es zwei entscheidende Kriterien zu beachten. Zum einen müsse die Software in der Lage sein, direkt in ein 3D-druckfähiges Format (i.d.R. STL, OBJ, WRL) weitgehend fehlerfrei zu exportieren und zum anderen sollte die Anwendung eine möglichst exakte Kontrolle über Wandstärken bieten. Letztere sei enorm wichtig um das Modell druckfähig zu machen, bzw. es auf verschiedene Verfahren anzupassen. Diessei auch einer der Hauptgründe, warum Herr May beim Sculpting mehr auf Blender als auf reine Sculpting Software (Sculptris, ZBrush) setze, da durch so genannte Solidify Modifiers die Wandstärken besser kontrolliert werden könnten.
Beliebte 3D Software
In den Interviews haben unsere drei Experten verschiedene Arten von 3D Software genannt, woebi hierbei zu betonen ist, dass je nach Anwendungsart eine spezielle Software geeignet ist:
- Rhinoceros 5.0 zum Modellieren von geometrischen/Freiform Modellen
- Artec Studio 12.0 zum Scannen und reduzieren der Auflösung der Modelle
- Magics zur Datenkontrolle, Scalierung, Datenreparatur
- Autodesk Fusion 360 zum Modellieren und Konstruktion von parametrischen geometrischen Modellen
- Sculptris zum Ausbessern von Unebenheiten und verfeinern der Modelle
- Blender für kreative Designs
- MeshLab bzw. MeshMixer für Anpassungen am Modell
Welche 3D Software verwenden Sie?
Ein ausdrückliches Dankeschön gilt an dieser Stelle nochmalig unseren Experten!
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