Welchen Einfluss nimmt der 3D-Druck auf die Filmwelt?
Die Anwendungsbereiche des 3D-Drucks sind äußerst vielfältig: von dem Lebensmitteldruck bis hin zum Druck von Teilen für die Automobilbranche, kann er in den verschiedensten Formen und Materialien Anwendung finden. Ein weiterer Bereich, in dem der 3D-Druck sein Potential beweist, ist die Filmwelt. Bekannte und preisgekrönte Filme wie Avatar, Iron Man, Star Wars: Das Erwachen der Macht oder Black Panther setzen längst zu Teilen auf den 3D-Druck. So können Requisiten oder ganze Kostüme mittels 3D-Druck hergestellt werden, um sich die Designfreiheit und die Flexibilität des 3D-Druck zu nutzen. Wir haben Filmemacher, Designer und Druckerhersteller kontaktiert, um mehr über den neusten Stand des 3D-Drucks in der Filmwelt zu erfahren.
Die Filmwelt unterliegt einem ständigen technologischen Wandel
Filme versuchen häufig, auf möglichst realistisch aussehende Kostüme und Requisiten zu setzen. Dies soll dafür sorgen, dass sich der Zuschauer von dem Film in den Bann gezogen fühlt und das Gefühl hat, selbst Teil des Geschehens zu werden. Um dies zu erreichen, unterlag die Filmwelt einem stetigen Wandel, bei dem stets versucht wurde, auf die neusten Technologien zurückzugreifen und so das volle Potenzial auszunutzen. Die Entwicklung hin zum Film begann bereits im 18. Jahrhundert durch die Aneinanderreihung einzelner Bilder, die zusammen eine bewegte Frequenz ergaben. Als Geburtsstunde des Films wird häufig das Jahr 1895 gesehen, in dem es den Brüdern Lumière gelang, eine Filmtechnik zu entwickeln, bei der ein Apparat das Projizieren und Abspielen von Filmen vereinte, damals jedoch noch ohne Ton und Schwarz-Weiß. 32 Jahre später wurde in den USA die Ära des vertonten Filmes eingeleitet und es folgten auch Farbfilme. Häufig tendieren wir dazu, an diese Entwicklungen zu denken, wenn wir an die Entwicklung der Filmwelt denken und vergessen dabei, dass der Film einem ständigen Wandel unterliegt. Neben der Weiterentwicklung der Techniken im Bereich Special Effects, hat sich die Filmwelt den 3D-Druck zu Nutzen gemacht.
Welche Vorteile bietet der 3D-Druck in der Filmwelt?
Die Anforderungen, die Zuschauer an Filme stellen, wachsen stetig. Es ist daher notwendig, in einem Film nicht nur inhaltlich sondern auch design-technisch die kleinsten Details zu beachten. Jeder kleinste Bestandteil einer Requisite oder eines Kleidungsstückes spielen daher eine wesentliche Rolle. Julia Koerner, bekannt für ihre 3D-gedruckten Modekollektionen und ihr 3D-Kostümdesign im Film „Black Panther“ erklärt uns den Unterschied zwischen 3D-gedruckter Mode und Kostümen folgendermaßen: Bei der Herstellung von Mode steht die Tragbarkeit sowie die Ästhetik im Vordergrund, während bei der Kreation von Kostümen die Geschichte, die Schauspieler, das Set, Postproduction , etc. ebenfalls mit einfließen.“
Das Ziel, möglichst detail-genaue Teile zu fertigen, kann tage-, wochen-, oder gar monatelange Arbeit nötig sein. Bei herkömmlichen Herstellungstechniken ist häufig sehr viel Handarbeit gefragt. Dies stellt besonders eine große Herausforderung dar, wenn Kostüme für eine Vielzahl an Charakteren benötigt wird, wie beispielsweise Szenen, die ganze Legionen zeigen. Der 3D-Druck schafft hier die Möglichkeit der Reproduzierbarkeit. Das bedeutet, dass ein Designer ein Modell entwickeln kann und dieses dann innerhalb kürzester Zeit mehrfach drucken kann. Der Filmemacher Gilles-Alexandre Deschaud, der seit mehr als 10 Jahren 3D-Designer ist und besonders für dessen Kurzfilm „Chase Me“, bei dem alle Charaktere und Requisiten 3D-gedruckt wurden, bekannt ist, hat uns dies bestätigt: „Der 3D-Druck ermöglicht im Wesentlichen zwei Dinge: Eine beträchtliche Zeitersparnis bei der Herstellung von Elementen (und damit ein erheblicher finanzieller Gewinn). Und ein Gewinn an Qualität. 3D-Druckmodelle können sehr genau und detailliert sein. Es ist auch einfach, Iterationen durchzuführen, um den Teil zu verbessern oder Dinge zu korrigieren.“
Außerdem ermöglicht es der 3D-Druck in der Filmwelt, zunächst Prototypen herzustellen oder mehrere Varianten zu drucken und sie miteinander vergleichen. Dies sorgt für eine viel größere Flexibilität. Wenn im Rahmen des Drehs ein Teil kaputt geht, kann dieses erneut gedruckt werden. Auch kann dank einfacher Modifizierung ein Teil bereits designet werden, bevor überhaupt der eigentliche Schauspieler, an dessen Maße das Kostüm angepasst werden soll, festgelegt wurde. Außerdem sind 3D-Drucker vergleichsweise einfach zu transportieren und ermöglichen es, vor Ort zu produzieren anstelle es schicken zu lassen.
Neben der soeben genannten Zeit- und damit verbundenen Kostenersparnis bietet der 3D-Druck eine sehr große Designfreiheit. Es können Teile produziert werden, die bei anderen Herstellungsvarianten un-erdenklich wären. So hat uns Victor Marin, Concept Artist und Filmemacher, anvertraut: „In einer meiner neuesten und größten Arbeiten habe ich die digitale Skulptur der Falla von Valencia für Pichiavo angefertigt; dieses Kunstwerk wurde aus einem sehr komplexen Holzstück gefertigt, das 26 Meter hoch ist, und die Feier endet mit dem Verbrennen dieses riesigen Stückes. Es war eine sehr magische Erfahrung.“
Die Designfreiheit ist nicht zuletzt der Vielzahl an verfügbaren Materialien für den 3D-Druck zu verdanken. Neben der Ästhetik bietet dies auch praktische Vorteile während des Drehs: es können dank leichter Materialien und der Schaffung von Hohlräumen sehr viel leichtere Kostüme und Requisiten entwickelt werden, die im Film dennoch sehr massiv erscheinen.
Vom Modell bis zur fertigen Requisite/ Kostüm
3D-Software für die Filmwelt
Ähnlich wie in vielen anderen Anwendungsbereichen des 3D-Drucks ist es notwendig, ein Modell von Grund auf oder auf Basis eines 3D-Scans zu entwickeln, bevor der eigentliche Druckprozess beginnen kann. Jason Lopes, der jahrelang bei Legacy Effects für zahlreicätig war, greift hierfür auf die Softwares Autodesk Maya, Inventor, Fusion 360, Modo und Solidworks zurück und zeigt damit, wie viel Auswahl es an für die Filmwelt geeignete Softwares gibt. Auch Julia Körner bestätigt dies. Sie erklärt, dass die verschiedensten Softwares eingesetzt werden können, die häufig auch im Bereich Architektur eingesetzt werden, wobei die Entwicklung von mehreren Tagen bis zu mehreren Wochen dauern kann. Für außergewöhnlichere Designs setzt sie zusätzlich auf eigene Algorithmen. Falls Sie mehr über verschiedene Softwares erfahren möchten, lohnt sich ein Blick in unseren Leitfaden zum Thema 3D-Softwares.
Der Rückgriff auf solche Software ermöglicht zudem eine effizientere Zusammenarbeit. Victor Marin erklärt uns dies folgendermaßen: „Jetzt ist es für den Regisseur einfacher, die Konzepte klar zu erkennen und manchmal sogar Konzeptkunst in 3D zu drucken und das Design zu malen. Es ist nicht nur für den Regisseur hilfreich, sondern auch für den Kameramann, zu sehen, wie sich das Licht verändert und das Stück beeinflusst. Es ist besser, Zeit und Geld in der Vorproduktionsphase zu investieren, als es zu verschwenden, wenn die Produktion beginnt.“
Die Rolle von 3D-Scannern in Filmproduktionen
„Das Scannen spielt eine große Rolle, wenn Sie mit dem Entwerfen von einem Anzug oder Accessoire für eine Person beauftragt werden. Es wird ein Körper/Kopf-Scan durchgeführt. Diese Daten ermöglichen es Ihnen nun, um die tatsächlichen Proportionen Ihres Schauspielers herum zu entwerfen. Sie können diese Scandaten auch verwenden und sie in niedriger Auflösung in 3D drucken oder sogar in Schaumstoff fräsen lassen, um die Passgenauigkeit der gedruckten Komponenten zu prüfen, die dann in kürzerer Zeit zusammen mit dem Schauspieler hergestellt werden können, bevor die endgültige Anpassung persönlich vorgenommen werden kann“, erklärt Jason Lopes, der unter anderem den bekannten Iron Man Anzug per 3D-Druck designet und gefertigt hat. Das 3D-Scannen zeigt, wie detailgenau und wie personalisierbar der 3D-Druck eingesetzt werden kann. Anstelle des manuellen Maßnehmen kann der 3D-Scanner zuverlässigere Ergebnisse liefern.
Welche Druck-Technologie eignet sich für die Filmproduktion?
Die Frage, welche 3D-Drucker sich im Speziellen für die Filmproduktion eignen und für welche Projekte welcher 3D-Drucker eingesetzt wird, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass, um es mit den Worten von James Reeves, Geschäftsführer von voxeljet UK, auszudrücken, die Filmindustrie „eine sehr verschwiegene Industrie“ ist. Eine wesentliche Rolle spielt unter anderem auch das Budget eine Rolle. So wollte Gilles-Alexandre Deschaud zunächst aus Kostengründen auf einen FDM-Drucker zurückgreifen, konnte dann aber dank eines Kickstarters des Unternehmens Formlabs auf den Form 1 zurückgreifen, der laut ihm eine bessere Qualität, auch bei sehr kleinen Teilen, ermöglicht, der auf SLA basiert. Damals war es ihm lediglich möglich, mit grauem, transparenten oder schwarzen Material zu Drucken. Dies hat sich inzwischen verändert und es sind viele weitere Harze in den verschiedensten Farben verfügbar.
Neben Formlabs fällt der Hersteller Stratasys immer häufiger, wenn es um den 3D-Druck und Filme geht. So wurde für den für den Golden-Globe nominierten Animationsfilm „Mister Link“ der J750 des besagten Herstellers verwendet, der auf der PolyJet-Technologie basiert und den Druck der unterschiedlichsten Farbnuancen ermöglichen soll. Die neuste Version,das J750 TM 3D-Drucksystem, wird von Designerin Julia Koerner verwendet und bietet die Möglichkeit, direkt auf Stoff zu drucken anstelle die 3D-gedruckten Teile mit dem Stoff zusammenzusetzen. Koerner erklärt: „Dadurch entstehen ganz neue Möglichkeiten im Design in Bezug auf Tragbarkeit, Funktionalität und Farbästhetik.“
Nachbearbeitung
„Sie müssen das Mesh vorbereiten, bevor Sie es zum Drucken schicken, und je nach der Technologie des 3D-Druckers (FDM, Harz usw.) ist es manchmal notwendig, das Stück nachzubearbeiten. Manchmal ist es notwendig, das Stück zu schleifen oder sogar traditionell über bestimmte Teile zu modellieren. Jedes Jahr versuchen die Hersteller der 3D-Drucker, diese zu verbessern, bessere Drucke (manchmal) ohne Reinigungsaufwand herzustellen.“, erklärt Victor Marin. So ist es meist unabdingbar, die 3D-gedruckten Teile nachzubearbeiten. Dabei kann die Nachbearbeitung einen erheblichen Faktor in der Zeit bis zum fertigen Teil einnehmen. Jason Lopes erklärt sogar, dass die Nachbearbeitungsschritte bis zu 99 Prozent der Herstellungszeit in Anspruch nehmen können. Unter die Nachbearbeitung fallen das Entfernen von Stützstrukturen, das Reinigen des Modells und die Glättung der Oberflächenstruktur. Zudem fällt in manchen Fällen eine Bemalung per Hand an, um dem 3D-gedruckten Teil zu noch mehr Details zu verhelfen.
Herausforderungen des 3D-Drucks in der Filmwelt
Besonders die soeben angeführte Dauer der Nachbearbeitung stellt für den 3D-Druck eine große Herausforderung dar. Neben dem Zeitfaktor, der in der Filmproduktion eine wesentliche Rolle spielt, führt dies zu hohen Personalkosten. Häufig muss eine Vielzahl an Kostümen und Requisiten hergestellt werden und so dauert die händische Nachbearbeitung sehr lange. Für seinen Kurzfilm „Chase Me“ hat Gilles-Alexandre Deschaud 20 Minuten alleine für die Figur für die Nachbearbeitung benötigt, also insgesamt über 800 Stunden.
Eine weitere Herausforderung, der sich der 3D-Druck in der Filmwelt stellen muss, ist das Verständnis für die Technologie, deren Funktionsweise und Vorteile. Jason Lopes hat folgende Erfahrung gemacht: „Die meisten Entertainmentunternehmen setzen keine Additiv-Software ein. Das macht es schwierig, digitale Assets, die für Bildschirm/Digitalmedien bestimmt sind, zu verstehen und sie für die Additive Manufacturing richtig einzurichten. Dies kann sehr komplex und zeitaufwendig sein, aber am Ende gibt es keinen besseren Weg, um einen großartigen optimierten Workflow zu erreichen, der vom Konzept zur Realität führt“
Wird der 3D-Druck in Zukunft herkömmliche Produktionsverfahren in der Filmwelt ablösen?
Der 3D-Druck hat bereits in zahlreichen spannenden und zu teilen preisgekrönten Filmprojekten einen Beitrag geleistet. Sicherlich wird er auch in zukünftigen Filmprojekten Verwendung finden. Leider wurde uns von Seiten der Filmstudios und Druckerhersteller mitgeteilt, dass es nicht möglich ist, Auskunft über konkrete zukünftige Projekte zu erhalten. Wir haben uns die Frage gestellt, wie realistisch es ist, dass der 3D-Druck in Zukunft nicht nur Bestandteil der Kostümbildung und der Entwicklung von Requisiten wird, sondern die sonstigen Verfahren dank der Flexibilität und Gestaltungsfreiheit ablöst, schließlich ist die Filmwelt in der Vergangenheit häufiger durch den technologischen Wandel geprägt worden und hat zugleich diesen vorangetrieben.
Gilles-Alexandre Deschaud sieht die Zukunft des 3D-Drucks in der Filmwelt als gewiss: „Sicherlich können wir bereits jetzt feststellen, dass der 3D-Druck in der Welt des Kinos sehr weit verbreitet ist. Ob in Stop-Motion-Filmen oder großen amerikanischen Blockbustern durch Werbung. Der 3D-Druck wird häufig zur Herstellung von Requisiten/Satzelementen verwendet, aber nicht nur, er findet sich auch in der Entwurfsphase zur Validierung eines kundenspezifischen/konzeptionellen Entwurfs oder anderen. Es ist offensichtlich, dass die Zukunft des 3D-Drucks im Kino bereits vorprogrammiert ist.“
Victor Marin geht davon aus, dass die 3D-Technologien in der Zukunft eine immer größere Rolle einnehmen werden, weil die digitale Erstellung oder der 3D-Scan von Modellen schneller erfolgen kann, als das händische Erstellen. Er empfiehlt jedoch die Koexistenz der Verfahren und warnt davor, traditionelle Methoden gänzlich zu ersetzen: „Wenn Sie zum Beispiel eine Statue anfertigen, ist es einfacher, sie mit wenigen Klicks neu zu skalieren oder sogar die Proportionen oder die Pose zu ändern. Auch ist es großartig, wenn Sie mit einem 3D-Scanner arbeiten, da Sie über den Scan ein sehr präzises Modell erstellen können. Wir erleben einen großen Erfolg mit der 3D-Technik, aber wir dürfen die traditionelle Methode nicht vergessen.“
Auch Julia Koerner ruft dazu auf, die beiden Welten zu vereinen. Sie sieht den 3D-Druck als zusätzliche Gestaltungsmöglichkeit, die es schafft, komplexe und aufwendige Strukturen zu schaffen, die mit traditionellen Herstellungsmöglichkeiten nicht realisiert werden können oder gar vorher nicht existiert haben. Mit ihren Arbeiten versucht sie, Tradition und Fortschritt zu vereinen, indem sie die beiden Methoden in ihrer Mode verbindet.
Weitere Informationen zu den benannten Projekten finden Sie hier und auf Julia Koerners Website und der offiziellen Seite von Gilles-Alexandre Deschaud.
Nachweis Titelbild: Julia Koerner
Wir sind gespannt, inwiefern der 3D-Druck Filme beeinflussen wird und freuen uns auf neue, spannende Projekte! Was denken Sie über die Zukunft des 3D-Drucks in der Filmwelt? Lassen Sie es uns wissen! Möchten Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten im 3D-Druck und der Additiven Fertigung direkt und bequem in Ihr Postfach? Registrieren Sie sich jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter und folgen Sie uns auf Facebook und Twitter um stets auf dem Laufenden zu bleiben! Außerdem sind wir auch auf LinkedIN und auf Youtube zu finden.