3D-Druck: Die Zukunft des Häuserbaus?
Im Jahr 2004 wurde am Lehrstuhl für Bauwesen unter der Leitung von Professor Behrokh Khoshnevis der University of South Carolina die erste Wand per 3D-Druck hergestellt. Seit diesem expertimentellen Versuch ist diese Innovation regelrecht explodiert und es ist jetzt möglich ein Haus mit dem 3D-Drucker in nur 20 Stunden zu bauen! Zur Herstellung wurde ein auf FDM-basierter 3D-Drucker genutzt, welcher auf einem Roboterarm montiert wurde und Betonschichten statt Kunststoff extrudiert. Daher kann die berechtigte Frage gestellt werden, ob 3D-gedruckte Häuser die Zukunft sein werden im Bauwesen?
Die Vorteile von Koshnevis Erfindung zeigten sich schnell: Reduzierung von Kosten und Ausschuss, schnellere Baugeschwindigkeit, Reduzierung von Unfällen, Bau von komplexen architektonischen Formen und vieles mehr. Seine Entdeckung markierte den Beginn des 3D-Drucks im Bauwesen. Doch wie verbreitet ist die Technologie unter den Baufirmen?
Baukonzerne haben das Potenzial der 3D-Technologien und deren Auswirkungen auf die Zukunft des Bauens schnell erkannt. Der Betonmarkt für 3D-Druck wird 2021 voraussichtlich € 50 Millionen erreichen. Immer mehr Unternehmen steigen in die Branche des schnellen Häuserbaus ein und stellen immer neuere und innovativere Projekte vor. Manche Projekte erscheinen eher noch futuristisch, andere wiederum sind sehr real, wie z.B. Apis Cors 3D-gedrucktes Haus in 24 Stunden. 3D-Betondruck entwickelt sich schnell und setzt auf verschiedene Technologien und Materialien. Die Technologie steckt jedoch noch in den Kinderschuhen und ist an aktuelle Beschränkungen gebunden.
Welche 3D-Druckprozesse gibt es im Baubereich?
1. Roboterarm-Extrusion
Der Contour Crafting-Methode markierte den Beginn in dieser Domäne. Dabei wird das Baumaterial zu einem großflächigen 3D-Modell mit einer glatten Oberfläche verarbeitet. Mehrere Schienen werden um die Baufläche herum installiert, um den Roboterarm führen zu können. Es bewegt sich dabei hin und her, um den Beton Schicht für Schicht zu extrudieren. An den Seiten oberhalb der Düse sind Maurerkellen platziert, die die extrudierten Schichten abflachen und die Festigkeit der Konturen gewährleisten.
In diesem Prozess kann konventioneller Beton nicht verwendet werden, da er aufgeschichtet sein eigenes Gewicht nicht halten würde. Er muss erst aushärten bevor die nächste Schicht aufgetragen werden kann. Daher wird beim Contour Crafting ein Beton mit schnell aushärtenden Eigenschaften verwendet.
Die Firma Contour Crafting war sehr diskret über ihren Fortschritt, bis hin zum Zeitpunkt als die chinesische Firma WinSun ihnen die Show stahl. Im Jahr 2014 wurden durch WinSun mehrere 200m² Häuser präsentiert, welche nur an einem Tag hergestellt wurden. Mit ihrer 32 Meter langen, 10 Meter breiten und 6,6 Meter hohen Maschine konnte die Firma aus einem Mix aus Beton und Glasfasern die verschiedenen Komponenten der Endstruktur herstellen und direkt vor Ort zusammensetzen. Eine Leistung, die viele Bauherren auf das Potenzial der additiven Fertigung aufmerksam machte.
Weitere Anbieter des Gebäude 3D-Drucks
Die verschiedenen Marktteilnehmer haben Maschinen entwickelt, die eine Vielzahl unterschiedlicher Technologien zum 3D-Druck von Beton verwenden. Die französische Firma Constructions-3D hat einen 3D-Drucker entwickelt, der im Inneren der Baustelle druckt und nach Fertigstellung die Konstruktion durch die Vordertür des Gebäudes verlässt. Die Maschine besteht aus einer mechanischen Basis und einem Roboterarm mit einer Düse am Ende zum Extrudieren des Materials. Dieser Arm bietet eine bedruckbare Fläche von mehr als 250 m² und über 8 Meter Höhe.
Der Roboter von Cazza Construction ähnelt dieser Technologie stark und beinhaltet ebenfalls ein mobiles Kransystem, das die Konstruktion rößerer Strukturen ermöglicht. Auch andere Firmen wie Apis Cor und XtreeE bedienen sich dieser Methode, um schnell ganze Häuser entstehen zu lassen.
Weitere Unternehmen haben sich auf die Extrusion anderer Materialien als Beton spezialisiert. Der patentierte Prozess von BatiPrint 3D ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür: Die Universität von Nantes, Bouygues Construction und Lafarge Holcim haben gemeinsam einen Industrieroboter entwickelt, der 3 Materialschichten gleichzeitig druckt. Zwei dieser Schichten sind ein polymerer Schaum, wobei die dritte Schicht Beton ist. Benoit Furet, Professor an der Universität von Nantes, erklärt: „Der Schaum unterstützt innere und äußere Isolierung, Beton und Bewehrung die antiseismische Tragstruktur.“
2. Sandschichten-Methode
Der italienische Architekt Enrico Dini wurde bekannt als „der Mann, der Häuser druckt“. Kürzlich zeigte er mit seinem 3D-Drucker „D-Shape“ einen interessanten 3D-Druckprozess. Diese Maschine beruht auf der Bindung von Sand mir Bindemittel. Die Sandschichten werden entsprechend der gewünschten Dicke abgelagert, bevor der Druckkopf Tröpfchen des Bindemittels ausgießt, um den Sand zu härten. Diese 4 x 4 Meter große Maschine kann große Strukturen von bis zu 6 cm³ erstellen.
3. Metall-3D-Druck für solide Strukturen
Das niederländische Unternehmen MX3D hat eine einzigartige Konstruktionsmethode namens WAAM (Wire Arc Additive Manufacturing) entwickelt, mit der sie Metallstrukturen mit einem 6-Achsen-Roboter, der 2 kg Material pro Stunde abwirft, 3D-drucken können.
Dieser Roboter ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Firmen Air Liquide und ArcelorMittal. Der Roboter ist mit einem Schweißgerät und einer Düse zum schichtweisen Verschweißen von Metallstäben ausgestattet. Dieser Prozess ist auch mit anderen Metallsorten wie Edelstahl, Bronze, Aluminium und Inconel-Legierungen kompatibel. Die Maschine kann man sich als eine Art riesigen Lötkolben vorstellen. Das Team kommentierte: „Wir haben einen Industrieroboter mit einer Schweißmaschine kombiniert und daraus einen 3D-Drucker gemacht, der mit unserer eigenen Software arbeitet.“
Obwohl diese Projekte von Startups konzipiert werden, benötigen sie oft die Unterstützung größerer Namen im Bauwesen. Die Royal BAM Group hat zusammen mit der Eindhoven University of Technology eine 3D-gedruckte Betonbrücke für Radfahrer entworfen. Darüber hinaus nutzte Bouygues Construction 3D-Druck, um Häuser in Frankreich zu bauen. Vinci Construction hat sich mit dem französischen Startup XtreeE zusammengetan, um den Bau komplexer Strukturen zu testen. Die schwedische Gruppe Skanska hat kürzlich mit der University of Loughborough zusammengearbeitet, um ein 3D-Betondruckverfahren zu entwickeln
Warum 3D-Druck im Bau verwenden?
Der größte Vorteil den der 3D-Druck birgt, ist die immense Zeitersparnis. Die Verwendung dieser Technologie kürzt einen 2-wöchigen Bauauftrag auf nur 3-4 Tage. Außerdem reduziert dies das Verletzungsrisiko bei der Arbeit. Benoit Furet von der Universität von Nantes erklärt: „Die Reduzierung der Bauzeit und Risiken ist Realität, wir haben Mauern in Höhe von 3,8 m Höhe ohne Gerüst gebaut. Außerdem ist die Baustelle sehr ruhig.“
Sein Team schaffte es ein 95 m² großes Haus mit Hilfe additiver Fertigung zu drucken und den ersten 3D-gedruckten sozialen Wohnungsbau in der Stadt zu erstellen. Benoit sagt, dass die BatiPrint-Technologie es auch einfacher gemacht hat, gebogene Formen zu geringeren Kosten zu erstellen. Da 3D-Drucker nicht essen oder schlafen müssen, hören sie nicht auf zu arbeiten, bis das Projekt beendet ist. Dies reduziert die Wartezeiten erheblich.
In Bezug auf den Materialverbrauch ist 3D-Druck wesentlich wirtschaftlicher. Beim additiven statt subtraktiven Verfahren werden weniger Materialien als bei herkömmlichen Herstellungsverfahren verwendet. Dies reduziert die Umweltbelastung, da weniger Abfall produziert wird. Romain Duballet, einer der Mitbegründer von XtreeE, erklärt: „Mit einer verstärkten geometrischen Beherrschung können wir optimierte Formen bauen, um die Menge der verwendeten Materialien zu begrenzen.“
Trotz der Fortschritte gibt es immer noch Vorbehalte des 3D-Drucks im Bauwesen. Axel Théry von Constructions-3D erklärt, dass „die Hauptschwierigkeiten von der Tatsache herrühren, dass der Prozess des 3D-Druck von Gebäuden heute von vielen staatlichen Gremien nicht als Konstruktionsverfahren anerkannt wird. Der Hauptgrund liegt in der Schwierigkeit Berechnungen der Haltbarkeit und Wiederstandsfähigkeit durchzuführen, deshalb müssen die bewohnbaren Bauten von Anfang an und von Fall zu Fall getestet werden.“ Diese Normungsgremien beschäftigen sich mit der Frage, ob diese Strukturen wirklich solide sind und ob sie standhalten können.
3D-Druck von Häusern: Eine Lösung für die Immobilienkrise?
Die Zeit-und Kostenvorteile des 3D-Drucks ermöglichen die Bekämpfung der Immobilienkrise. Das Ziel italienischen Firma WASP ist es anhand des 3D-Drucks eine nachhaltigere Welt aufzubauen. Die Firma konstruierte einen der größten 3D-Drucker der Welt, der autonom mit Hilfe von Solar-, Wind- oder Wasserkraft eine ganzs Stadt bauen kann.
In Brasilien gründete Anielle Guedes das Start-up Urban3D, um auf die Wohnungskrise in Brasilien zu reagieren. Ihre Firma druckt Teile von Gebäuden in ihrer eigenen Fabrik, bevor sie vor Ort zusammengebaut werden. Dadurch kann sie Gebäude in einer Höhe erstellen, die beim 3D-Druck vor Ort nicht möglich sind. Das Unternehmen testet derzeit mehrere Prototypen und hofft, eine Lösung für die Entwicklung der brasilianischen Favelas zu finden.
Auch die russische Firma Apis Cor ist von den positiven Auswirkungen des 3D-Drucks im Bauwesen überzeugt. Gründerin und CEO Nikita Chen-iun-tai erklärt: „Wir glauben, dass die additive Fertigung eine effektive Lösung gegen die Immobilienkrise ist und deshalb haben wir unser Projekt entwickelt. Wir hoffen, dass dieser Ansatz in einigen Jahren gründlich getestet wird. Wir glauben, dass mehr und mehr Baufirmen diese Technologie übernehmen werden, wie es bereits heute bei einigen Unternehmen der Fall ist. „
3D-Druck im Weltall
Zur zeit werden Möglichkeiten evaluiert, um mit Hilfe der additiven Fertigung den Weltraum zu erforschen. Zu diesem Zweck hat die NASA den Wettbewerb „3D Printed Habitat Challenge“ ins Leben gerufen, bei dem Lösungen und Technologien untersucht werden sollen Häuser auf dem Mond oder auf dem Mars zu bauen. Es erscheint noch zu früh um sagen zu können, ob es sich beim 3D-Druck um eine praktikable Lösung handelt. Wir können jedoch festhalten, dass der 3D-Druck im Bauwesen eine reale globale Kraft darstellt. SmarTech Publishing hat kürzlich einen Bericht veröffentlicht, der voraussagt, dass die weltweiten Umsätze in diesem Sektor im Jahr 2027 40 Mrd. USD betragen werden. Es ist erstaunlich, in 10 Jahren von einigen Millionen Dollar auf 40 Mrd. USD zu kommen. Inwieweit die Welt auf den 3D-Druck im Bausektor antwortet, bleibt abzuwarten.
Was denken Sie, könnten 3D-gedruckte Häuser die Zukunft sein?
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Mein Onkel würde sich gerne Betonfertigteile produzieren lassen. Es ist gut zu wissen, dass man mit einem 3D-Drucker nicht nur Zeit, sondern auch Kosten spart. Ich hoffe, dass wir eine passende Firma finden werden.
Ich bin fasziniert davon, dass es mit der 3D-Technologie auch möglich ist, Häuser zu bauen. Ich habe mal gesehen, wie die speziellen Kranarbeiten für Hochbau so ein Haus automatisiert gebaut hat. Ich bin gespannt, wie sich die Technologie diesbezüglich noch entwickelt.
Vielen Dank für den sehr spannenden Beitrag. Ich finde den 3D-Betondruck faszinierend. Auch, weil direkt im Drucker ein Art-Kransystem eingebaut ist. Ich studiere Architektur und frage mich, wie die Zukunft im Bauwesen wohl aussehen wird. Danke für die Informationen.
Vielen Dank für den Beitrag. Ich finde es sehr tolle Vorstellung, dass bald Häuser auch 3D gedruckt werden könnten und wie sich das positiv auf den Sozialbau auswirken könnte. Sehr interessant, wie das sich auf die Häuser auswirken würde. Mein Freund ist Handwerker und hat sich auf Rissverpressungen spezialisiert. Er füllt die entstandenen Risse im Beton mit Injektionsharzen. Es wäre auch spannend, wie sich sein Beruf in Zukunft ändern würde und ob überhaupt noch diese Baufehler passieren würden.